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10 Jahre zielsicher gesund aufwachsen – eine Bilanz

Gesundheitsforum der Landesgesundheitskonferenz

Im Jahr 2007 wurde das Berliner Gesundheitsziel „Gesundheitschancen für Kinder und Jugendliche erhöhen – Benachteiligung abbauen“ beschlossen. Doch trotz vielseitiger Aktivitäten in diesem Bereich konnten die Ziele nicht erreicht werden. Ganz im Gegenteil: vor allem mit Blick auf die Frage, wie sozial bedingte Ungleichheiten in Gesundheitschancen abgebaut werden können, besteht weiterhin enormer Handlungsdruck. Das Gesundheitsforum der Landesgesundheitskonferenz mit dem Titel „10 Jahre zielsicher gesund aufwachsen – eine Bilanz“, das am 25. Oktober 2018 in der Urania stattfand, bot die Gelegenheit für einen ehrlichen Austausch darüber, wie es künftig besser laufen kann.

„Ein ‚weiter so‘ genügt nicht…“

Einleitend brachten Dr. Susanne Bettge und Dr. Sylke Oberwöhrmann von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung mit einem Impulsvortrag die Teilnehmenden auf den gleichen Wissenstand: was sind Gesundheitsziele und wozu braucht man sie? Wie geht man vor bei der Umsetzung? Anhand des Beispiels Körpergewicht und Koordination unterlegten die beiden Fachreferentinnen den Vortrag mit aktuellen Zahlen. Hier zeigt sich, dass die Zielvorgaben vor allem bei sozial benachteiligten Kindern und teilweise auch bei Kindern mit Migrationshintergrund nicht erreicht werden konnten.

Weitere Informationen finden Sie in der Präsentation zum Vortrag. (PDF, nicht barrierefrei)

Statements aus der Podiumsdiskussion

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion standen folgende Fragen im Mittelpunkt:
 

  • Wie können gesundheitsförderliche Aktivitäten stärker auf Kinder sozial benachteiligter Familien zugeschnitten werden, ohne diese zu stigmatisieren?
  • Wie kann mehr Transparenz über die Gesundheitsförderung bei Kindern geschaffen werden?
  • Wie kann eine koordinierte und gemeinsame Zielverfolgung der Akteurinnen und Akteure gelingen, die deren jeweiligen Rahmenbedingungen Rechnung trägt?


Staatssekretär Boris Velter sieht einen großen Mehrwert für die künftige Arbeit darin, die Wissenschaft stärker in die Prozesse einzubinden. Diesen Wunsch formulierte er auch vor dem Hintergrund, dass es für viele Teilaspekte keine Standards zum Vorgehen gibt, beispielsweise Indikatoren zur Zielerreichung wirkungsorientiert zu formulieren.

Ulrike Maschewsky-Schneider (Vorsitzende des Evaluationsbeirats gesundheitsziele.de) schließt sich der allgemein formulierten Kritik an, dass durch eine freiwillige Selbstverpflichtung der Akteure im Rahmen der Gesundheitszieleprozesse der Berliner Landesgesundheitskonferenz, kaum Verbindlichkeiten in der Umsetzung der Gesundheitszielprozesses geschaffen werden können. Dem könne man damit begegnen, konkrete Zielvereinbarungen mit den Akteuren zu beschließen und Aufgaben zu verteilen.

Werner Mall (AOK Nordost) merkt selbstkritisch an: Die Bilanzierung des Kindergesundheitsziels habe gezeigt, dass die Programme der Kassen nicht die Personen erreichen, die den höchsten Bedarf haben. Hier braucht es seiner Meinung nach einen Paradigmenwechsel.

Die landesweit (und bundesweit) formulierten Gesundheitsziele sind in den Bezirken bekannt, werden aber unterschiedlich in kommunale Prozesse eingebunden, bemerkt Kerstin Moncorps (Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf von Berlin). Das liege daran, wie die Bezirke sich an der Entwicklung der landesweiten Ziele beteiligt haben bzw. wurden. Sie betont, dass jeder Bezirk ganz eigene Bedarfe hat. Die landesweiten Ziele müssen dies berücksichtigen, und für die Bezirke „anschlussfähig“ formuliert werden.

Holger Kilian (Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit) plädierte für einen gemeinsamen Nenner bei der Umsetzung der Gesundheitsziele. Alle beteiligten Akteure sollten sich einer gemeinsamen Handlungsbasis verständigen: Wo wollen wir hin? Wie erreichen wir das? Was ist wirklich realistisch?

Gabriele Schlimper (Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Berlin) richtet den Blick auf Menschen in besonders schwieriger (sozialer) Lage: den Wohnungslosen. Hier sei es über eine Landesstrategie gelungen, eine ressortübergreifende Zusammenarbeit anzudenken. Ein besonderes Augenmerk legt sie auf den Ansatz der Wirkungsorientierung in der sozialen Arbeit.

Abschließend lässt sich der anfängliche Satz „ein weiter so genügt nicht“ noch einmal aufgreifen und erweitern: ein „weiter so“ entspricht weder dem aktuellen Kenntnisstand noch dem Wunsch der handelnden Akteure. Die Erkenntnis schafft gute Voraussetzungen in 10 Jahren vor anderen Ergebnissen zu stehen.

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